Mitmachtag und Exkursion: Unser Zukunftswald hautnah
An zwei Wochenenden im Frühjahr 2025 besuchten wir mit insgesamt knapp fünfzig Unterstützer:innen unseren Zukunftswald Unterschönau im Thüringer Wald. Im Projektgebiet von Umweltstiftung Greenpeace und Bergwaldprojekt e.V. packten die Teilnehmenden mit an, vertieften ihr Wissen und diskutierten über die Zukunft der Wälder im ganzen Land.

Rund 400 Buchen, Winterlinden und Bergahorne beziehen ihr neues Zuhause im Zukunftswald. Sie sollen mehr Vielfalt in den Noch-Fichtenforst bringen. Um gut anzuwachsen, brauchen sie Kontakt zum humusreichen Mineralboden. Dafür arbeiten wir uns mit der „Wiedehopfhaue“ durch Moospolster und Wurzeln und heben Pflanzlöcher aus. Das zweiseitige Werkzeug mit Hacke und quer geschäftetem Beil ähnelt tatsächlich dem Vogel mit der Punkfrisur, also der aufgestellten Federhaube. Christoph Wehner vom Bergwaldprojekt macht die nächsten Schritte vor: Setzling in die Grube stecken, Erde drumherum festdrücken und zuletzt den guten Wunsch nicht vergessen: „Viel Glück!“, ruft er und gibt dem Bäumchen einen Kuss.
Gemeinsames Walderlebnis im Doppelpack
Stifter:innen und Förder:innen aus ganz Deutschland sind Ende März nach Unterschönau gekommen, um mit Teams von Umweltstiftung und Bergwaldprojekt für einen Tag im Wald mitzuarbeiten. Nur eine Woche später treffen Stiftungsvorständin Sandra Güntner und die Zukunftswaldförster Christoph Wehner und Hendrik von Riewel viele weitere Mitglieder der Stiftungsgemeinschaft – diesmal zur geführten Tour. Zu Fuß und mit Mini-Bussen erkunden wir unser Projektgebiet und tauchen mit allen Sinnen in das Thema naturnahe Waldentwicklung ein.
Angeregt wurden die Exkursionen auch auf unserer Stiftungsversammlung 2024 in Hamburg. Dort hatten viele Stifter:innen den Wunsch nach mehr Austausch und gemeinsamen Aktionen geäußert, verbunden mit einem großen Interesse am Zukunftswald. Denn hier bietet sich die Gelegenheit, ein wegweisendes Projekt der Stiftung hautnah zu erleben – und das im eigenen Wald vor der Haustür! Erst vergangenen Herbst unterschrieb Sandra Güntner mit den Vorständen des Bergwaldprojekts einen Kaufvertrag über ein weiteres benachbartes Waldstück. „Der Zukunftswald ist auf 280 Hektar angewachsen – ein großer Schritt, um den Wald besser vor äußeren Einflüssen zu schützen und noch mehr Wirkung und Strahlkraft zu entfalten“, so die Stiftungschefin. Und es darf sogar weiter, beziehungsweise größer geträumt werden: Die Projektpartner haben sich das Vorkaufsrecht für 520 Hektar angrenzenden Wald gesichert.

Offene Wunde im Wald
Jeder weitere Hektar Wald, der aus der intensiven Nutzung genommen wird und sich regenerieren darf, ist ein Gewinn. Hendrik und Christoph zeigen uns einen Steilhang des neuen Gebiets, wo bereits einige Jahre vor unserem ersten Waldkauf der Borkenkäfer zugeschlagen hatte. Harvester erledigten den Rest: Fichtenstümpfe, soweit das Auge reicht. Die Kahlfläche wirkt wie eine offene Wunde, allein der Anblick tut weh. „Durch den Abtransport aller Bäume ist der Hang jetzt Sonne und Wind voll ausgesetzt. Zusätzlich haben die schweren Erntemaschinen den Boden verdichtet. Es dürfte schwer werden, hier wieder Bäume anzusiedeln“, sorgt sich Hendrik. „Bei uns im Taunus haben wir auch Fichtenwälder. Auch da sind ganze Hänge kahl, durch Dürre, Käfer und Stürme“, erzählt eine Stifterin. Die Fichte könne ja ein schöner Baum sein und habe ihre Daseinsberechtigung – aber nicht als Monokultur. „Gut, dass wir hier versuchen, etwas dagegen zu tun.“
Das Buffet gehört eingezäunt
Eine weitere Herausforderung begegnet uns auf Schritt und Tritt: Spuren von Wildverbiss und Häufchen aus glatten schwarzen Pillen, Rothirschkot. Die Tiere knabbern bevorzugt Triebe von jungen Bäumen ab, sodass manche eingehen oder einen „Bonsai-Wuchs“ ausbilden. Als wir ein strauchähnliches Gewächs erblicken, können wir kaum glauben, dass dies eine Buche sein soll. „Leider haben wir in der Gegend etwa fünf Mal so viel Rotwild, wie für eine natürliche Waldentwicklung zuträglich wäre“, sagt Christoph und fügt warnend hinzu: „Flächen mit Baumnachwuchs sind für Hirsche und Rehe wie eine Einladung zum kalten Buffet.“
Deshalb dürfen wir am Mitmachtag unsere Setzlinge mit sogenannten Hordengattern einzäunen. Alle packen mit an. Wie in einer Ameisenstraße tragen wir die 2x4 Meter großen Fichtenholz-Elemente zu den beiden Pflanzflächen – immerzu freudig begleitet von Christophs Hund „Wolf“. Auch echte Wölfe wurden übrigens schon im Zukunftswald gesichtet. Sie sind sehr willkommen, da sie helfen können, den Wildbestand zu regulieren.

Die Querlatten der Gatter sind anfangs nur mit je einem Nagel an den Ständern fixiert, damit sie horizontal noch beweglich sind. So können wir Höhenunterschiede im Gelände ausgleichen. Und indem wir schräge Stützen in den Boden rammen, sichern wir die Zäune gegen Umkippen. „So etwas will ich in Zukunft häufiger machen“, schwärmt ein Stifter nach dem Einsatz. „Weil es mir gut tut und ich damit etwas für die Zukunft tue. Das ist einfach ein gutes Gefühl.“
Viele wollen wiederkommen
Ob unterwegs auf Wanderwegen, beim frisch gekochten Mittagstisch im Wald oder beim gemütlichen Zusammensitzen in der Pension tauschen sich die Teilnehmenden der Exkursionen mit den Waldexperten aus. Ein Thema, das alle beschäftigt, ist die anhaltende Trockenheit. Da kommt die Frage auf: Ist die Rotbuche eigentlich noch der passende Baum angesichts der Klimakrise? „Immerhin junge Exemplare können sich noch ganz gut an Veränderungen wie eine knappere Wasserversorgung anpassen“, antwortet Christoph. „Wir schauen uns zwar im heimischen Artenspektrum auch nach Alternativen um, zum Beispiel ist die Hainbuche recht trockenheitstolerant. Entscheidend ist aber ein gesundes naturnahes Waldökosystem – das ist unser Ziel.“
Viele wollen wiederkommen, um den Fortschritt zu sehen. Und einige überlegen, sich zu einer ganzen Freiwilligen-Projektwoche in Unterschönau anzumelden. Begeistert von der Tatkraft und dem inspirierenden Austausch bedankt sich die Stiftungschefin bei den Teilnehmenden. „Nur durch Ihr und Euer Engagement war es möglich, dieses außergewöhnliche Leuchtturmprojekt zu starten, es ist unser aller Wald!“, sagt Sandra. Und Hendrik wünscht sich zum Abschied, „dass alle innerlich ein Stück Wald mit nach Hause nehmen, es beschützen und darauf aufpassen“.
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Fotos: © Andrea Gaspar-Klein
Fotos: © Eduard Fischer