Die Kids for Forests bringen den Wald zurück
Wichtige Meldung: Am 29. Mai 2023 hat das russische Justizministerium Greenpeace auf seine offizielle Liste der „unerwünschten Organisationen“ gesetzt. Nach mehr als 30 Jahren Arbeit in Russland, in denen es – oft unter extrem schwierigen Bedingungen – gelang, die Umwelt und die Menschen erfolgreich zu schützen, muss Greenpeace Russland seine Arbeit mit sofortiger Wirkung einstellen. Damit endet nach über 20 Jahren erfolgreicher Arbeit auch das Projekt Kids for Forests. Wir sind erschüttert und traurig.
Was diese dramatische Entwicklung für den Umweltschutz und die Zivilgesellschaft in Russland heißt, bleibt abzuwarten. Klar ist: Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass kritische Umweltschutzarbeit in Russland irgendwann wieder möglich ist!
Lesen Sie hier eine vollständige Stellungnahme von Greenpeace International
Und unseren letzten Bericht über das Projekt „Kids for Forests“ von 2022:
Wo der Mensch siedelt, verwandelt er Urwald in Äcker und Weiden. Wenn aber vom ursprünglichen Baumbewuchs kaum etwas bleibt, sind oftmals Bodenerosion und Überschwemmungen die Folge. Wie in großen Gebieten südlich von Moskau. Greenpeace Russland hat hier deshalb 2002 ein auf viele Jahre angelegtes Aufforstungsprojekt für Schulklassen ins Leben gerufen – seit 2004 unterstützt von der Umweltstiftung. Inzwischen hat sich das Projekt breiter aufgestellt. Aus den Kids for Forests ist eine Bewegung für alle geworden.
Das Ziel bleibt: baumlose Gegenden in Russland wieder zu bewalden. Damit soll zum einen wieder Wald entstehen, der vor Stürmen schützt, die Erde festhält, Wasser speichert und Tieren einen Lebensraum bietet. Zum anderen möchten die russischen Kolleg:innen Bewusstsein für den Waldschutz schaffen.
Ein Leuchtturmprojekt mit Modellcharakter
Seit 2019 konzentriert sich das Projektteam auf die Schaffung eines Modellwaldes im Ugra-Nationalpark in der Region Kaluga, 200 Kilometer südwestlich von Moskau: Auf heute brachliegenden landwirtschaftlichen Flächen soll neuer Wald entstehen – ein Leuchtturmprojekt mit Vorbildcharakter auch für andere Regionen Russlands.
Einmal im Jahr packen hier große und kleine Freiwillige bei einem Pflanzevent mit an und verwandeln das baumlose Grasland zurück in jungen Wald. Von 2019 – 2022 wurden bereits über 9000 Setzlinge von Laubbaumarten gepflanzt, die in der Gegend einmal heimisch waren, wie Eiche, Esche oder Ahorn. Die meisten Sprösslinge stammen aus der projekteigenen Baumschule auf dem Gelände des Ugra-Nationalparks. Das Greenpeace-Team und Freiwillige ziehen sie aus gesammelten Samen selbst. Aber auch Schulen aus der Umgebung steuern ihre Setzlinge bei. Außerdem helfen Freiwillige bei der Pflege der jungen Bäumchen, die in den ersten Jahren immer wieder von hohem Gras befreit werden müssen.
Feuerwachen schützen vor Bränden
Eine große Gefahr für die jungen Bäume sind Grasfeuer, die vor allem im Frühjahr in Russland sehr verbreitet sind. Für viele Menschen hat es Tradition, ihr Land durch Feuer zu „reinigen“. Zwar ist das Feuerlegen – auch dank langjähriger Kampagne von Greenpeace Russland – inzwischen gesetzlich verboten, viele Menschen brennen Gras oder aufkommende Wälder auf ihrem Land trotzdem ab – auch weil für das Verbuschen ehemaliger Agrarflächen hohe Strafen drohen bis hin zur Enteignung. Außer Kontrolle geratene Feuer führen dann oft zu verheerenden Landschafts- oder Waldbränden.
Um die Pflanzung im Ugra-Nationalpark während des Frühjahrs zu schützen, hat das Projektteam seit 2021 eine Feuerwache aus Freiwilligen eingerichtet. Diese besuchen auch benachbarte Dörfer und klären über die Folgen des Feuerlegens und die nahegelegene Aufforstungsfläche auf.
Für Wiederbewaldung begeistern
Heute liegen in Russland riesige Flächen einst gerodeten Ackerlandes brach. Um dieses Potenzial für die Artenvielfalt und den Klimaschutz zu nutzen und die früheren Wälder wiederzubeleben, arbeitet Greenpeace Russland weiter mit Schulen zusammen, will aber auch die breite Bevölkerung für das Aufforsten begeistern. Dafür teilt das Team sein Wissen mit inzwischen mehr als 1200 Interessierten über eine Social-Media-Plattform.
Hier erfahren Freiwillige, wie man Baumschulen gründet, Setzlinge heimischer Arten zieht und die wachsenden Wälder pflegt. Auch der Aufruf zum jährlichen Pflanzevent oder anderen Einsätzen erfolgt über die Plattform. Zudem wird die Gründung von Freiwilligengruppen unterstützt, die sich lokal engagieren und eigene Aufforstungsprojekte starten.
Gesetz aus Sowjetzeiten behindert Wiederaufforstungen
In den nächsten Jahren will das Projekt-Team ein großes Hindernis ganz besonders angehen: Bislang ist es in Russland noch immer verboten, dass Wälder auf Flächen wachsen, die einst landwirtschaftlich genutzt wurden. Das Gesetz stammt noch aus Sowjetzeiten und sollte die Versorgung des Landes mit Nahrungsmitteln gewährleisten.
Über 100 Millionen Hektar einstigen Ackerlandes liegen in Russland brach. Ein schier unglaubliches Potential für Klimaschutz und Artenvielfalt. Seit Jahren kämpft Greenpeace Russland gegen das Gesetz. Und obwohl Präsident Putin Ende 2018 ein Dekret erlies, damit es außer Kraft gesetzt wird, ist die Gesetzeslage bis heute unklar.
Greenpeace will erreichen, dass künftig alle, die wollen, auf ihrem Land Wald pflanzen oder wachsen lassen dürfen. Der Modell-Wald im Ugra-Nationalpark ist somit auch ein Vorbild für den Tag X, an dem Aufforstung in Russland endlich leichter wird.