Für mehr Arten- und Klimaschutz auf den Äckern

Obwohl jedes Jahr Milliarden EU-Agrarsubventionen offiziell auch die Biodiversität auf den Äckern und den Klimaschutz fördern sollen, nimmt die Artenvielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ab und Treibhausgasemissionen steigen. In einer von der Umweltstiftung Greenpeace geförderten Studie des ECOLOG-Instituts für sozial-ökologische Forschung und Bildung wurde jetzt untersucht, welche Möglichkeiten unabhängige Beratungsdienstleister in Deutschland haben, um diese Situation zu verbessern.

Zu ihren Dienstleistungen befragt wurden insgesamt neun Berater:innen für konventionell arbeitende Betriebe aus Niedersachsen und Bayern, den beiden Bundesländern mit den größten landwirtschaftlich genutzten Flächen und einer sehr unterschiedlichen Agrarstruktur. Eingebettet in die Darstellung des Forschungsstandes zu den aktuell vorhandenen Beratungsstrukturen umfasst die Untersuchung zudem eine detaillierte Beschreibung der komplexen agrar- und umweltpolitischen Instrumente der Förderung von Biodiversität und Klimaschutz in der Landwirtschaft.

Rückgang der Biodiversität landwirtschaftlicher Nutzflächen aufgrund der Intensivierung der Flächennutzung. Grafik © Europäischer Rechnungshof 2020

Maßnahmen für mehr Vielfalt bislang erfolglos

Rund die Hälfte der Fläche Deutschlands ist Ackerland – und damit von enormer Bedeutung für die biologische Vielfalt, aber auch für den Klimaschutz. Die Politik versucht dem Rechnung zu tragen, indem sie Agrarsubventionen an Auflagen knüpft, die für mehr Vielfalt auf den Äckern und eine bessere Klimabilanz sorgen sollen. Doch wie aktuelle Untersuchungen zeigen, haben die ergriffenen Maßnahmen bislang so gut wie keine Auswirkungen: Das macht zum einen der Report des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zu den Indikatoren der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (2020) deutlich wie auch der Bericht des Europäischen Rechnungshofes (ERH) zu den Auswirkungen der gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik.

Der ERH konstatiert sogar, dass trotz der zwischen 2014-2020 zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 66 Milliarden Euro die Biodiversität auf landwirtschaftlichen Nutzflächen stark rückläufig sei: Nach wie vor verschwinden Jahr für Jahr Hecken und Tümpel, Grünland wird häufig gemäht, gedüngt oder sogar umgebrochen, um neues Ackerland zu gewinnen, und der steigende Anbau von Energiepflanzen wie zum Beispiel Mais oder Raps sorgen ebenso wie vereinfachte Fruchtfolgen und der vermehrte Einsatz von Düngern und Pestiziden für eine biologische Verarmung der Landschaft und in ihrer Folge auch für einen Anstieg der Treibhausgasemissionen. Die Folge sind ausgeräumte Landschaften, Monokulturen auf riesigen Feldern, in denen Vögel, Insekten und andere Tiere kaum mehr vorkommen.

Zu viel Bürokratie, zu wenig praktikable und wirksame Lösungsansätze

Umweltschutzverbände wie Greenpeace kritisieren seit Jahren, dass sich die EU-Agrarsubventionen vorwiegend nach der Größe der Betriebe richten und deshalb insbesondere die Großbetriebe zum Teil mit Millionenbeträgen profitieren. Die aktuelle wissenschaftliche Untersuchung des ECOLOG-Instituts zeigt außerdem, dass die meisten landwirtschaftlichen Betriebe bei den Auflagen für die Unterstützungszahlungen nicht diejenigen Ansätze auswählen, die der Umwelt besonders nützen, sondern eher „hellgrüne“ Maßnahmen bevorzugen, die vergleichsweise leicht umzusetzen sind.

Die Gründe hierfür sind vielfältig: Die befragten Beratungskräfte beobachten insbesondere, dass ein Zuviel an Bürokratie und administrativem Aufwand landwirtschaftliche Betriebe daran hindert, komplexere Maßnahmen wie einen extensiven Getreideanbau oder Grünstreifen mitten im Feld umzusetzen. Zudem änderten sich Auflagen schnell und die finanziellen Anreize für die Umsetzung reichten nicht aus, um Umsatzeinbußen auszugleichen. Befürchtet werde außerdem vielfach, dass Förderungen zurückbezahlt werden müssen, wenn die Maßnahmen nicht vorschriftsmäßig umgesetzt würden – selbst wenn sie in der Sache erfolgreich gewesen sind.

Um mehr Landwirt:innen an die Beratung zu biodiversitäts- und klimaförderlichen Maßnahmen heranzuführen, wären aus Sicht des ECOLOG-Teams mehr kostenlose Beratungsangebote, eine aktive Ansprache von Landwirt:innen sowie mehr Werbung bei Landwirt:innen für flächenbezogene Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität notwendig. Zur Verbesserung des Beratungsangebots seien mehr kostenlose Angebote für Beratungsorganisationen zur kontinuierlichen fachlichen und methodischen Fortbildung und eine Aufstockung der personellen und finanziellen Kapazitäten wünschenswert.

„Die Studie des ECOLOG-Instituts zeigt, dass man mehr in unabhängige Beratung von Landwirten und Landwirtinnen investieren muss, wenn wir den Rückgang der Artenvielfalt stoppen und für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft sorgen wollen. Und auch die gesetzlichen Vorgaben für die Vergabe der EU-Fördergelder müssen sich ändern: Nicht wer die größte Fläche bewirtschaftet, sondern wer am meisten für den Schutz der Böden und des Grundwassers, der Artenvielfalt und des Klimas tut, muss den Großteil der Agrarsubventionen erhalten“, sagt Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff.