Artenschutzinitiative in Melle: Ein Herz für „wilde Mitbewohner“

Jeder kann einen Beitrag zum Artenschutz leisten und zum Dank spannende Naturbeobachtungen vor der eigenen Haustür machen. Wie das geht – dies will die Stiftung für Ornithologie und Naturschutz in Melle den Bürgerinnen und Bürgern nahebringen. Für Hilfestellung in Theorie und Praxis plant sie ein Artenschutzhaus: Hierfür finanziert die Umweltstiftung Greenpeace Anschauungsmodelle von Nisthilfen für Insekten, Vögel und Fledermäuse.

Foto © Volker Tiemeyer

„Deutschlandweit schreitet der Verlust der Biodiversität enorm voran – sowohl im Siedlungsbereich als auch in der freien Landschaft“, sagt Volker Tiemeyer, Vorstandsmitglied der Stiftung für Ornithologie und Naturschutz (SON) in Melle. „Insekten und Vögel sind besonders betroffen und brauchen unsere Hilfe.“ Dass bei letzteren auch ehemalige „Allerweltsarten“ wie Feld- und Haussperling, Grünfink, Stieglitz, Girlitz, Bluthänfling und Rauchschwalbe zurückgehen, besorgt den Ornithologen umso mehr. Wichtige Gründe sind die industrielle Landwirtschaft, die Flächenversiegelung und der hohe Anteil überpflegter Flächen – in öffentlichen Grünanlagen wie in Privatgärten: Wer auf englischen Rasen und immergrüne, pflegeleichte Exoten steht, keinen Wildwuchs zulässt und zum Laubsauger greift, sobald mal etwas „Dreck“ herumliegt, tut der Natur keinen Gefallen. Für Insekten, Vögel und Kleinsäuger sind solche überordentlichen Gärten wie grüne Wüsten.

Artenschutz zum Anfassen und Nachmachen

Die SON möchte stattdessen dazu anregen, das heimische Umfeld zu einem Refugium für „wilde Mitbewohner“ zu machen. „Artenschutz im ländlichen Siedlungsraum“ heißt das Regionalprojekt, das die Umweltstiftung Greenpeace in 2019 unterstützte. Herzstück des Projekts ist das „Artenschutzhaus“. Der Bauantrag für das zweistöckige Holzhaus in Melle-Mitte wurde in 2019 gestellt, der Bau soll 2020 fertiggestellt werden. Mit 254 Quadratkilometern ist Melle die größte Stadt im Landkreis Osnabrück. Um den Stadtkern herum ist sie eher dörflich und landwirtschaftlich geprägt.

Als Hauptzielgruppe sollen Haus- und Grundbesitzer, Hausverwalter, Unternehmen, Wohnungsbaugenossenschaften, Handwerker sowie Gebäude- und Landschaftsarchitekten angesprochen werden und sich im Artenschutzhaus darüber informieren, welche Maßnahmen für ihr privates oder gewerbliches Umfeld infrage kommen. Präsentiert werden soll eine breite Palette an Artenschutzbeispielen, vorwiegend zugunsten von Insekten, Vögeln und Fledermäusen.

Die Umweltstiftung übernimmt die Kosten für 20 Anschauungsmodelle, darunter Fledermausquartiere und Nisthilfen für Mauersegler, Mehlschwalben, Bachstelzen und weitere Halbhöhlenbrüter. Sie werden fest an der Außenfassade montiert – und für den perfekten Vorführeffekt hoffentlich auch von den Zielarten bezogen. Gebäudebrüter wie die Rauchschwalbe, Mehlschwalbe und der Mauersegler haben zunehmend Probleme, sich fortzupflanzen, weil bei Altbausanierungen alle Nischen geschlossen werden. Beide Schwalbenarten sind in der Roten Liste als gefährdet eingestuft.

Nachahmer willkommen!

Eine stattliche Insektennistwand, ebenfalls von der Umweltstiftung finanziert, sieht Behausungen speziell für Hornissen, Hummeln, Wildbienen und Florfliegen vor. Das wird sicher ein geschäftiges Treiben geben, das tolle Beobachtungen erlaubt – und die Besucher motiviert, selbst „Gastgeber“ der kleinen nützlichen Tiere zu werden.

Drinnen sollen weitere, mobile Anschauungsmodelle gezeigt und anhand von Dach- oder Fassaden-Ausschnitten demonstriert werden, wie sie sich an Gebäuden anbringen lassen. Anfassen ist ausdrücklich erlaubt, um Aufbau und Funktionsweise zu verstehen.

In den kommenden Jahren sind weitere Projektmodule durch Einbindung von Schulen, Kitas, Immobilien- und Baugewerbe geplant.