Rauchschwalben im Pferdestall – und mehr Wildvogelschutz im Tierpark
Insekten und Vögel haben Unterstützung besonders nötig, deshalb startete vor einigen Jahren mit Hilfe der Umweltstiftung Greenpeace im Tierpark Arche Warder ein Notfallprogramm. Gefiederte Gäste werden seit 2018 ganzjährig gefüttert, und im Frühjahr 2019 wurden für viele Arten neue Nisthilfen im Park installiert.
Die intensive Landwirtschaft mit monotonen Ackerlandschaften und dem Einsatz giftiger Pestizide hat zu einem dramatischen Insektenschwund in Deutschland beigetragen*. Darunter leidet auch ein Großteil heimischer Vogelarten, die auf Insekten als Nahrung angewiesen sind. Besonders um Feld- und Wiesenvögel steht es schlecht: So ist etwa der Kiebitzbestand zwischen 1990 und 2013 um 80 Prozent geschrumpft, die Zahl der Braunkehlchen sank um 63 Prozent und die der Feldlerchen um 35 Prozent.
Ganzjährige Vogelfütterung – bis zum letzten Körnchen
Durch ihre strukturreiche Landschaftsgestaltung ist das Zentrum für seltene Nutztierrassen auch ein Refugium für viele Wildpflanzen und -tiere. Neben den extensiven Weiden gibt es Lebensräume wie Knicks, Teiche und Feuchtwiesen, Steinhaufen, Sandflächen, mehrerer Wildblumenwiesen und einen bunt gemischten, wachsenden Baumbestand.
Trotzdem können die Vögel jede Zusatzhilfe gebrauchen! 2018 wurde deshalb erstmals eine ganzjährige Vogelfütterung durchgeführt. Das ist sinnvoll, da Vögel gerade im Frühjahr und Sommer viel Energie benötigen: Für die Aufzucht der Küken müssen die Vogeleltern unermüdlich Nahrung heranschaffen. Tatsächlich waren die Futterspender in der warmen Jahreszeit immer am schnellsten leer. Wie das Tierparkteam beobachtet hat, zählten Meisen und Spatzen zu den häufigsten Picknick-Gästen, außerdem Amseln, Finken, Kleiber und viele mehr. Sogar Spechte bedienten sich. Von den fünf Paletten Futter war am Jahresende kein Körnchen mehr übrig! Die Fütterung wird nun dauerhaft fortgeführt. Für 2019 beispielsweise wurden angeliefert: Bio-Streufutter, „Energiekuchen“ aus Talg mit getrockneten Insekten, Meisenknödel mit Mehlwürmern und ein Spezialmenü für Rotkehlchen, insgesamt über 850 Kilogramm.
„Mehrfamilienhäuser“ für Spatzen
Die Umweltstiftung finanzierte 60 neue Nisthilfen für diverse Vogelarten aus Holzbeton oder FSC-Holz. Tierpark-Pädagogin Stefanie Klingel war mit einer NAJU-Gruppe (Naturschutz-Jugend) aus Nortorf „auf Montage“. Mit vollgepackten Bollerwagen und Leitern zogen die Kinder bei strömendem Regen begeistert durch den Park, holten alte Kästen von den Bäumen und hängten neue auf. Ornithologen des NABU begleiteten sie und halfen bei der richtigen Standortwahl. Für Halbhöhlenbrüter wie Rotkehlchen, Grauschnäpper und Zaunkönig wurden Kästen mit halboffener Front an geschützten Stellen, etwa in Gebüschnähe, angebracht. Höhlenbrüter wie Meisen und Sperlinge erhielten Baumhäuser mit kleinem Einflugloch. „Spatzen bauen ihre Nester in Mauernischen oder unter Dachpfannen, doch an sanierten und neuen Bauten finden sie kaum noch Unterschlupf“, erklärt Stefanie Klingel. „Da sie gern gemeinsam mit Artgenossen brüten, haben wir für sie auch ,Mehrfamilienhäuser‘ aufgehängt. Einige direkt an Spazierwegen, da Spatzen nicht scheu sind.“
„Win-Win-Situation“ für Schwalben und Pferde
Wie Schüsseln sehen die Holzbeton-Nisthilfen für Mehl- und Rauchschwalben aus. Von ihnen selbstgebaute bestehen aus Lehm, Erde und Halmen. Sie sind Kulturfolger, Mehlschwalben brüten an Gebäuden, Rauchschwalben darin – bevorzugt in Scheunen und Ställen. Für sie wurde ein idealer Ort gefunden: die Pferdeunterstände. „Dort ist für Futter gesorgt: Fliegen, Bremsen und Mücken, die sonst die Pferde plagen“, sagt Klingel. „So profitieren beide Tierarten von der Wohngemeinschaft.“
Eingeführt wurde außerdem die Hilfe für Fledermäuse, fachlich beraten vom Fledermauszentrum Noctalis in Bad Segeberg. Einige der von der Umweltstiftung bezahlten Quartiere wurden unter dem Giebel am „Haus der Natur“ montiert.
* Laut Bundesumweltministerium sind von 33.300 Insektenarten aktuell 42 Prozent bestandsgefährdet, extrem selten oder bereits ausgestorben; bei 45 Prozent ist der Bestand rückläufig. (Stand: 2018)