Studie in Südtirol: Pestizide auf Abwegen

Die italienische Provinz Südtirol in den Alpen rühmt sich seiner großartigen Natur und Genusskultur. Doch dass in den Apfel- und Weinplantagen in den Tälern jede Menge Pestizide versprüht werden, steht in keinem Reiseführer. 45 Kilo pro Hektar sind es laut Statistikamt Italien. Hohe Wellen schlug das Thema, als die Gemeinde Mals im Vinschgau 2015 nach einer Volksabstimmung den Pestizideinsatz verbot. Ein mutiger, richtiger Schritt.

Abdrift an der Staatsstraße Schluderns. Foto © Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol

Achtung, giftiger Abdrift!

Chemisch-synthetische Pestizide schaden nicht nur der Artenvielfalt in der Natur, indem sie zum Beispiel nützliche Insekten vergiften, sie können auch uns gefährlich werden: Etwa dann, wenn die Giftstoffe „vom Winde verweht“ umliegende Flächen kontaminieren, auf denen sich Menschen aufhalten. Zum Schutz „sensibler“ Zonen wie Parks, Radwegen, Schulen, Sport- und Spielplätzen, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen hat die Provinzregierung daher Sicherheitsabstände und Abdrift mindernde Maßnahmen für die Ausbringung von Pestiziden vorgeschrieben. Doch diese nützen in der Praxis offenbar wenig, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2017 des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz Südtirol in Kooperation mit dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN). Die Umweltstiftung Greenpeace hat sich mit 2.600 Euro an den Kosten beteiligt.

Bis zu vier Pestizide in einer Grasprobe

Für die Untersuchung wurden stichprobenartig 71 Kinderspielplätze im vom Obstbau dominierten Etschtal zwischen Mals und Salurn ausgewählt. Überall wurden Grasproben genommen und anschließend im Labor analysiert: In 29 der Proben fanden die Wissenschaftler Spuren von bis zu vier Pestiziden. Insgesamt wiesen sie 14 Wirkstoffe nach. Einige wirken nachweislich fruchtbarkeitsmindernd und hormonschädigend. Erschreckend ist auch, dass die festgestellten Konzentrationen bis zu 26-fach (!) über den zulässigen Rückstandswerten für Erdbeeren, Spinat und Salat liegen. Bedenkt man, dass Kinder gern auf dem Rasen toben und genauso gern die Finger in den Mund stecken, wird die Gefahr deutlich.

Die Projektakteure fordern daher neue Abstands- und Ausbringungsregeln für den Einsatz von Spritzmitteln, die sensible Zonen effektiv schützen – und dass deren Erfolg regelmäßig kontrolliert wird. Auch muss die Politik den Weg hin zu einem totalen Pestizidverzicht im Obst- und Weinbau bahnen.