Historische Chance für die Weltmeere: Ein Plan für ein Netz an Schutzgebieten

Ozeane bedecken 70 Prozent unserer Erde. Vor allem in der Tiefsee findet sich eine unglaubliche Vielfalt an Lebensräumen und Meeresorganismen. Doch Ausbeutung und die Klimakrise haben sie bereits massiv verändert. Deswegen braucht es dringend einen verbindlichen globalen Rettungsplan, um die Hohe See vor Überfischung, Tiefseebergbau und anderen menschlichen Eingriffen zu schützen. Im März 2023 haben sich die Vereinten Nationen (UN) endlich auf ein globales Meeresschutzabkommen geeinigt. Greenpeace setzt sich bereits seit über 15 Jahren für eine weltweite Regelung zum Schutz der Hohen See ein und fordert, bis 2030 insgesamt 30 Prozent der Weltmeere unter Schutz zu stellen. Die Umweltstiftung Greenpeace hat die Greenpeace Meeresschutzkampagne in den letzten Jahren intensiv unterstützt.

Unterwasser Aufnahme von gefangenen Bluefin Thunfischen in einem Transportkäfig.
Gefangener Bluefin Thunfisch in einem Transportkäfig. Greenpeace fordert die Länder des Mittelmeers auf, den Bluefin Thunfisch in ihren Brut- und Futtergebieten durch Schutzgebiete zu bewahren. Foto © Gavin Newman / Greenpeace

Vom Weltraum aus sieht man es deutlich: Der größte Teil der Erde sind Ozeane. Sie machen fast drei Viertel der Erdoberfläche aus. Rechnet man die Wassertiefe mit ein, stellen die Weltmeere sogar 90 Prozent des gesamten Lebensraumes auf unserem Planeten. Vom winzigen Plankton bis zum größten Wal beherbergen unsere Meere eine unglaubliche Vielfalt an Lebewesen, bieten Millionen von Menschen Nahrung und versorgen uns mit Sauerstoff – jeder zweite Atemzug stammt aus dem Meer. Die Weltmeere spielen auch eine wichtige Rolle, um unser Klima zu regulieren. Sie nehmen große Teile des Kohlendioxids und nahezu die gesamte zusätzliche Wärme auf. Und doch ist dieses immens wichtige Gebiet kaum geschützt: Bisher gibt es kein globales Regelwerk zur Errichtung, Verwaltung und Durchsetzung von Meeresschutzgebieten. Das geltende Seerecht konzentriert sich eher darauf, wie man die Ozeane ausbeuten kann.

Welche Gebiete sind besonders bedeutsam?

Besonders schutzbedürftig ist die so genannte Hohe See, also das Gebiet außerhalb der nationalen 200-Meilen-Zonen. Sie ist von immenser Bedeutung für die Artenvielfalt unserer Weltmeere und für unser Klima. Wale, Delfine und Schildkröten durchstreifen diesen Lebensraum über Tausende von Kilometern, in der Tiefe tummeln sich wundersame Lebewesen, von denen wir viele Arten noch gar nicht kennen. Doch dieses Paradies unter Wasser ist bedroht: Durch industrielle Fischerei, Gifteintrag und Tiefseebergbau stehen viele Arten unter großem Druck. Rund 90 Prozent der weltweiten Fischbestände sind bis an die Grenze genutzt oder überfischt.

Die Vereinten Nationen verhandelten seit 2018 über ein globales Abkommen zum Schutz der Hohen See. 2020 sollte das neue globale Schutzabkommen bereits vorliegen. Doch einige Länder wollten ein eher schwaches Abkommen, das praktisch keinen Effekt hätte. Deshalb begleiteten Greenpeace und viele andere Organisationen die Verhandlungen in den letzten Jahren sehr intensiv und kämpften dafür, dass das Abkommen wirklich zu einem besseren Schutz führt.

30x30: Ein Plan für ein Netz an Schutzgebieten

Dabei spielte die Einrichtung neuer Meeresschutzgebiete eine zentrale Rolle: Sie sind wichtige Rückzugsräume für die Flora und Fauna im Meer, sie erhalten und fördern die Artenvielfalt und machen die Ozeane dadurch widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels. Das funktioniert aber nur, wenn sie vor direkten menschlichen Eingriffen geschützt sind. Deshalb fordern Wissenschaftler:innen bis 2030 mindestens 30 Prozent unserer Ozeane unter Schutz zu stellen.

Um dieser Forderung Gehör zu verschaffen, hat Greenpeace den Report „30x30: Ein Greenpeace-Plan für Meeresschutzgebiete“ initiiert. Die Unterstützung der Umweltstiftung Greenpeace machte es möglich: Gemeinsam mit Wissenschaftler:innen erarbeitete Greenpeace eine Karte mit einem weltumspannenden Netz von Schutzgebieten, vom Nordpol bis zum Südpol. Sie benennt diejenigen Gebiete, die besonders entscheidend sind. Wenn sich die Natur dort erholen könnte von den Belastungen, die der Mensch ihr aufbürdet, wäre viel gewonnen. Dabei wären die wirtschaftlichen Auswirkungen eines solchen weltweiten Netzes von Schutzgebieten überschaubar – auch das zeigen die Berechnungen der Wissenschaftler:innen. So müsste nur 20 bis 30 Prozent des aktuellen Fischfangs verlagert werden. Solche Fakten sind enorm wichtig, denn sie helfen bei den Verhandlungen, Gegner:innen eines wirksamen Abkommens zu überzeugen.

Tour von "Pol zu Pol"

Anfang April 2019 stellte Greenpeace den Report bei der zweiten Verhandlungsrunde der UN in New York vor. Das Interesse war groß – weltweit berichteten die Medien über die Vision. Anschließend ging es darum, sie auch durchzusetzen und gegen industrielle Gewinninteressen zu verteidigen. Dafür startete Greenpeace im Frühjahr 2019 eine große Schiffsexpedition mit der „Arctic Sunrise“ und der „Esperanza“ - mit Unterstützung der Umweltstiftung Greenpeace. Von Pol zu Pol fuhren die Umweltschützer:innen fast ein Jahr lang in jene Gebiete, in denen die Hohe See unter Druck steht und Schutz braucht. Mit an Bord war ein Team aus renommierten Wissenschaftler:innen, die gemeinsam mit der Greenpeace-Crew ein aufwändiges Meeresforschungsprogramm realisierten, unter anderem am Tiefseeberg Vema im Südostatlantik. Auch dies hat die Umweltstiftung finanziert.

Historischer Erfolg: Einigung auf globalen Ozeanvertrag

Nach fast 20 Jahren und fünf zähen Verhandlungsrunden einigten sich die UN am 5. März 2023 endlich auf ein internationales Meeresschutzabkommen. Dieses schafft nun die Voraussetzung für Schutzgebiete außerhalb der nationalen Gewässer, um die Artenvielfalt der Hochsee zu schützen und der Klimakrise entgegenzuwirken. Ein historischer Erfolg! Internationale Greenpeace-Delegationen, unter anderem mit Aktivist:innen aus dem Globalen Süden, waren bei den Verhandlungen vertreten.

Jetzt geht es darum, Taten zu schaffen! Ohne ein globales Meeresschutzabkommen ist es kaum möglich, das im Dezember 2022 von der Weltnaturkonferenz in Montreal festgelegte 30x30 Ziel zu erreichen: eine internationale Vereinbarung, um bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Greenpeace kämpft weiterhin für ein effektives Netz an Schutzgebieten.

Lesen Sie hier, wie Greenpeace 30 Prozent der Weltmeere bis 2030 unter Schutz stellen will

30x30: Ein Greenpeace-Plan für Meeresschutzgebiete