Lebendige Dächer für das „Hitzacker Dorf“

Immer wieder investiert die Umweltstiftung auch in praktische Projekte und Lösungen, die unmittelbar Gutes für die Natur und Menschen vor Ort bewirken. So unterstützten wir im Sommer 2022 einen Workshop zur Dachbegrünung in einer ökologisch und sozial vorbildlichen Neubausiedlung im Wendland.

Das "Hitzacker Dorf" will zum Vorbild in Sachen ökologisches Bauen und Gärtnern werden. Foto © Monja Pauli

Die Region in Niedersachsen ist bekannt für ihre historischen Rundlingsdörfer, für Naturschätze wie die Elbtalauen – und für fast 50 Jahre Anti-Atom-Widerstand. Viele Ökopioniere, Künstler:innen und Menschen mit alternativen Lebensentwürfen fanden und finden hier Raum zur Entfaltung. Es bildeten sich gemeinschaftliche Wohnprojekte aller Art, das jüngste entsteht gerade am Stadtrand von Hitzacker: Das genossenschaftlich organisierte „Hitzacker Dorf“ versteht sich als interkulturelles, nachhaltiges Mehrgenerationendorf und heißt insbesondere auch Zugewanderte und Geflüchtete willkommen. Bisher umfasst die Siedlung rund ein Dutzend Gebäude zum Wohnen und Arbeiten, weitere sind geplant.

Unser Dorf soll grüner werden

Parallel zur Genossenschaft gründeten die Initiator:innen den Verein Dorfleben Hitzacker e.V., um gemeinsame Visionen etwa zum Thema ökologisches Bauen und Gärtnern voranzutreiben. „Wir sind uns bewusst, dass wir mit dem Neubau unserer Siedlung zum Flächenverbrauch beitragen und in die Natur eingreifen“, sagt Evelyn Borsdorf, Mitglied des Vorstands. „Diesen Eingriff wollen wir mehr als ausgleichen: Indem wir zum Beispiel unsere Dächer begrünen, kompensieren wir die versiegelte Fläche und schaffen neue Lebensräume für eine Vielzahl heimischer Pflanzen, Insekten und Vögel.“

Im Rahmen einer Projektwoche im August 2022 unterstützte die Umweltstiftung Greenpeace die exemplarische Dachbegrünung des Gesundheits- und Gemeinschaftshauses. Sobald der Innenausbau fertiggestellt ist, wird das Haus mit vielseitigen Angeboten allen Menschen auch von außerhalb des Dorfs offenstehen. Als Beitrag zum Workshop finanzierte die Umweltstiftung unter anderem die Miete und Stellung des Baugerüsts sowie diverse Materialien, darunter Wurzelschutz-Vlies, Dränage-Elemente, Leisten, spezielles Substrat, Pflanzen und Saatgut. Um die rund 150 Quadratmeter große Pultdachfläche in eine blühende Oase zu verwandeln, entschied sich die zuständige Arbeitsgruppe um Dorfbewohnerin Eva Drexler für eine pflegeleichte extensive Begrünung. „Wir haben selber Pflanz- und Saatlisten erstellt und darauf geachtet, dass die Gewächse mit herausfordernden Standortbedingungen wie Wind, praller Sonne und Trockenheit zurechtkommen“, erzählt Drexler und listet einige Arten auf: „Moose, Gräser, Sedum – also Dickblattgewächse wie Mauerpfeffer und Fetthennen – sowie Kräuter und Wildblumen wie zum Beispiel Heidenelken und Sandglöckchen.“ Orientierung bot dem Team auch die typische Vegetation der nährstoffarmen, sauren Sandböden der Region.

Für die Umsetzung dieser und weiterer Ideen zur nachhaltigen Gestaltung ihrer Außenanlagen konnte die Dorfgemeinschaft fachkundigen Rat und viele helfende Hände organisieren: Sie hatte sich erfolgreich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft selbstverwalteter Gartenbaubetriebe (kurz: BaseG) beworben, die jeden Sommer ein gemeinnütziges Projekt mit ehrenamtlicher Arbeit unterstützt.

Dachbegrünung des Gemeinschafts- und Gesundheitshauses. Foto © Monja Pauli

Artenreiche Miniaturlandschaft auf dem Dach

Die fachliche Anleitung der Dachbegrünungs-Gruppe übernahm eine Garten- und Landschaftsbauerin der BaseG. Um artgerechte Lebensräume etwa für diverse Wildbienen und Käfer zu schaffen, legten die Workshopteilnehmer:innen und Gärtner:innen auch Sandinseln an und schafften Totholz wie Äste und Stammstücke aufs Dach. „Der Blick auf das fertige Werk hat uns alle sehr berührt und erfreut – es ist eine anmutige kleine Landschaft entstanden, die jetzt ihre Wirkung entfalten kann“, erzählt Eva Drexler.

Alle sind gespannt, wie sich die Pflanzen in den nächsten Jahren in luftiger Höhe entwickeln und welche Tiere sich ansiedeln werden. Mit den geballten Kenntnissen des Workshops und den fortlaufend gesammelten Erfahrungen sollen langfristig alle Dächer des Hitzacker Dorfs begrünt werden. Denn nicht nur aus ökologischer Sicht bietet dies Vorteile: Die Pflanzendecke schützt die Dachhaut vor UV-Strahlung und anderer Witterung, sie hält kostbares Regenwasser zurück und verbessert das Kleinklima, indem die Luft befeuchtet und Staub gebunden wird. Und schließlich verstärkt sie die Gebäudedämmung – das hilft, Energie zu sparen.

Wissen teilen und zur Nachahmung inspirieren

Die Dorfgemeinschaft legt großen Wert darauf, ihr Wissen zu teilen. Sie will mit ihren kreativen Konzepten zum nachhaltigen Bauen und Gärtnern überregional zur Nachahmung anregen und betreibt online wie offline rege Öffentlichkeitsarbeit. Zum Beispiel finden regelmäßig geführte Baustellen Spaziergänge für alle Interessierten statt, für die Zukunft sind weitere Veranstaltungen zu ökologischen Themen angedacht.

Auf Basis des Dachbegrünungs-Workshops ist ein reich bebildertes, zweiteiliges Handout mit Materialaufstellungen und vielen praktischen Tipps und persönlichen Erfahrungswerten entstanden. Die beiden Dokumente können Sie sich gleich hier herunterladen:

Weitere Informationen zum Thema Dachbegrünung finden Sie in den Handouts:

Handout Dachbegrünung – Theoretischer Teil