Walschutz ist Klimaschutz

Wale faszinieren die Menschen seit jeher: stark, sozial, aber immer noch in vielem rätselhaft. Dass sie zudem auch die perfekten Klimaschützer sind, ist erst seit ein paar Jahren im Gespräch. Wie groß ihre Rolle tatsächlich ist – dazu soll ein Forschungsprojekt über Buckelwale im Nordpazifik jetzt empirische Daten liefen. Die Umweltstiftung Greenpeace fördert das Kooperationsprojekt "Alaska Whale Pump" von Whale and Dolphin Conservation (WDC) und der University of Alaska Southeast von Juli 2021 bis Juni 2024 mit jährlich 18.000 Euro.

Buckelwale ernähren sich von Krill und anderen Kleinstlebewesen im Meer. Mit ihren Ausscheidungen tragen sie zum Wachstum von Phytoplankton bei. Dieses dient wiederum dem Krill als Nahrung. Foto © Alaska Whale Foundation / Dana Bloch (NMFS permit 19703)

Im Rahmen des Forschungsprojekts untersucht die University of Alaska Southeast mit Unterstützung von WDC, welche Bedeutung die sogenannte Walpumpe für das Wachstum von Phytoplankton spielt: Wale tauchen zur Nahrungsaufnahme meist in tiefe Meeresschichten ab, wo sie massenhaft Krill und kleine Fische fressen. Als Säugetiere müssen sie zum Atmen an die Wasseroberfläche kommen. Dort entleeren sie auch ihren riesigen Darm und bringen dadurch große Mengen an wichtigen Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Eisen an die nährstoffarme Wasseroberfläche. Die Wale könnte man dabei auch als Gärtner der Meere bezeichnen: Denn dieser natürliche Dünger lässt mikroskopisch kleine Algen, das Phytoplankton, sprießen. Dieses bildet wiederum die Grundlage aller Nahrungsnetze im Meer und dient auch Kleinstlebewesen wie dem Krill als Nahrung.

Außerdem durchmischen die Wale durch ihr Tauchverhalten die Nährstoffe über alle Wasserschichten hinweg, was dem gesamten marinen Ökosystem zugutekommt – sowohl den Organismen in der Tiefsee als auch dem Phytoplankton an der Wasseroberfläche.

Algen sind die Wälder der Meere

Gleichzeitig entzieht das Phytoplankton im Prozess der Photosynthese der Atmosphäre Kohlenstoffdioxid (CO2). Dabei entsteht auch Sauerstoff – und zwar so viel, dass wir wissenschaftlichen Schätzungen zufolge mindestens die Hälfte des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre dem Phytoplankton verdanken. Die winzigen Pflanzen sind dadurch so etwas wie die Wälder der Meere. Doch insbesondere durch das Ansteigen der Meerestemperaturen ist die Menge des marinen Phytoplanktons seit 1950 um 40 Prozent (aktuelle Studien schätzen, dass es sehr viel mehr sein könnte) zurückgegangen. Wale könnten mit ihren Ausscheidungen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diesem Trend entgegenzuwirken.

Hinzu kommt, dass die oft riesigen Körper der Wale sie zu einem sehr effektiven Kohlenstoff-Speicher machen. Denn wenn ein Wal stirbt, sinkt der Kadaver auf den Meeresgrund – und mit ihm der in seinem Körper gebundene Kohlenstoff. Dort fressen und zersetzen ihn dann Mikroorganismen und andere kleine Meereslebewesen und so setzt sich der Lebenskreislauf fort.

Walpopulation im 20. Jahrhundert drastisch dezimiert

Doch jahrhundertelang wurden Wale intensiv gejagt – und dadurch fast an den Rand der Ausrottung gebracht. Allein im 20. Jahrhundert ist die globale Walpopulation um rund 80 Prozent geschrumpft. Der Blauwal, das mit 30 Tonnen schwerste existierende Säugetier der Erde, stand kurz vor dem Aussterben. Dank des Walfangmoratoriums von 1986 erholen sich viele Populationen wieder langsam. Allerdings drohen durch den Klimawandel und die Verschmutzung der Weltmeere mit Giften und Plastikmüll neue Gefahren.

Bedeutung des Wal-Kots erstmals im Nordpazifik untersucht

Dr. Heidi Pearson, Leiterin des Forschungsprojekts und Professorin an der University of Alaska Southeast, freut sich, mit dem Projekt „Alaska Whale Pump“ neue Erkenntnisse über die Bedeutung der Walpumpe im Nordpazifik zu gewinnen und die Buckelwale noch besser zu erforschen: „Die Bedeutung von Wal-Kot wurde im Nordpazifik noch nie untersucht. Deshalb sind wir sehr aufgeregt, was wir in unseren Labor- und Felduntersuchungen herausfinden werden.“

Untersucht wird unter anderem, aus welchen Wasserschichten die in den Wal-Ausscheidungen enthaltenen Nährstoffe stammen, in welcher Konzentration sie vorkommen und wie verwertbar sie für das Phytoplankton sind. Diese Erkenntnisse werden auch deshalb besonders wertvoll sein, weil die 12 bis 15 Meter großen Buckelwale in allen Ozeanen der Welt zuhause sind und sich ihre Populationen schon wieder zumindest soweit erholt haben, dass Wissenschaftler:innen weltweit von mehr als 60.000 Individuen ausgehen.

Damit ist der Buckelwal inzwischen auf der Roten Liste für bedrohte Tier- und Pflanzenarten nur noch in der geringsten Gefährdungsstufe eingeordnet. Doch wie für alle anderen Walarten gilt auch für die Buckelwale, dass sich die Bestände nur äußerst langsam wieder vergrößern: Denn nur ungefähr alle drei Jahre bringt ein Buckelwalweibchen ein Junges zur Welt.

Wale und Meere jetzt dauerhaft schützen

Umso wichtiger ist es, die Wale und ihre Lebensräume jetzt dauerhaft zu schützen. Vicki James, die das Forschungsprogramm bei WDC betreut, ist überzeugt: „Die Forschungen zur Walpumpe könnten unsere Sichtweise auf die Wale und ihre Bedeutung im Kampf gegen den Klimawandel weiter revolutionieren. Indem wir uns ein klareres Bild von der Rolle der Wale im marinen Ökosystem machen, hoffen wir, die Unterstützung für den Walschutz als wichtige, naturbasierte Lösung für das Problem des Klimawandels zu stärken und ein großes internationales Programm zur Erforschung der Meeressäuger in Gang zu setzen.“