Bockholter Dose: Moorschutz für das Klima
Seit 2002 arbeitet die Umweltstiftung Greenpeace eng mit dem Bergwaldprojekt zusammen: Ob beim Pflanzen der Stifterbäume oder im Leuchtturmprojekt Zukunftswald. Immer geht es darum, mit den Freiwilligeneinsätzen auch das Bewusstsein und die Eigenverantwortlichkeit für Wald-, Moor- und Klimaschutz zu stärken. Das aktuell geförderte Moorrenaturierungsprojekt in der Bockholter Dose reiht sich hier ein.
Knietief stehen die rund 20 Männer und Frauen mit Eimern und Schaufeln bei ihren Einsätzen im moorigen Schlamm, um aus Holz neue Sperren zu bauen, die sie mit einer Masse aus Torf, Holzhackschnitzeln und Sägemehl auffüllen. Dort, wo die Menschen in den Jahrhunderten zuvor Wasser abgeleitet haben, um Weideflächen zu gewinnen, Torf zu stechen und Buchweizen anzubauen, soll nun alles wieder schön nass und feucht werden, damit die Moore leben und langsam auch wieder wachsen können.
Hier im Naturschutzgebiet Bockholter Dose, mit 123 Hektar Teil des Naturparks Hümmling im Nordwesten Niedersachsens, wurde bereits 1998 mit ersten Wiedervernässungen des Hochmoores begonnen, das durch Abtorfungen massiv geschädigt ist. Freiwillige des Bergwaldprojekts setzen diese Arbeit jetzt mit Unterstützung durch die Umweltstiftung Greenpeace und in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Emsland fort.
Moore als doppelte Klimaschützer
„Moore sind die perfekten Klimaschützer, weil sie das von den Pflanzen während des Wachstums aufgenommene CO2 nach ihrem Absterben im Torf speichern. Unter Luftzufuhr, also wenn das Moor trocknet, zersetzt sich der Torfkörper dagegen sofort und setzt klimaschädliche Gase wie Methan, Lachgas und CO2 frei. Inzwischen ist das in Deutschland bei 95 Prozent der Flächen der Fall“, erläutert Lutz Rohland. Er ist im Bergwaldprojekt zuständig für das Thema Moore und leitet unter anderem auch den Freiwilligeneinsatz in der Bockholter Dose. „Die Situation ist deshalb besonders dramatisch, da die Zersetzung des Torfs zehn Mal so schnell geht wie das Torfwachstum. Doch die gute Nachricht lautet: Sobald der Torf wieder feucht ist, werden sofort die enormen Emissionen gestoppt“, so der Experte vom Bergwaldprojekt.
Gerade jetzt, wo es aufgrund der Klimaerwärmung immer weniger regnet, Unwetter mit dann sehr starken Regenfällen zunehmen, und es dazu heißer wird, kommt den Mooren auch in Bezug auf die Regulierung des Wasserhaushalt der Landschaft eine wichtige Bedeutung zu: Wie ein Schwamm saugt der Torf große Wassermengen auf und kann so auch Starkniederschläge gut speichern. Das Überschusswasser wird nur langsam wieder an die Umgebung abgegeben – und das wirkt sich ausgleichend und kühlend auf das Lokalklima aus. Moore entziehen der Atmosphäre also nicht nur gigantische Mengen klimaschädlicher Gase, sie mildern gleichzeitig auch die Folgen des Klimawandels ab.
Biodiversität bewahren und fördern
In der Bockholter Dose – im Emsland heißen die moorigen Kohlenstoffsenken „Dosen“ – gibt es mittlerweile nur noch wenige Relikte naturnaher Hochmoorbiotope mit Torfmächtigkeiten bis zu fünf Metern. Eine Mischung aus zum Teil extensiv genutzten Wiesen, Moorwäldern und einem rund 30 Hektar großen Bereich mit offenen Moor- und Moorheideflächen kennzeichnet das Gebiet. Die Wiedervernässungen und der daraus folgende Renaturierungsprozess der Moore in den 90er Jahren haben bereits dazu geführt, dass das Naturschutzschutzgebiet einen Lebensraum für zahlreiche moortypische und geschützte Pflanzenarten wie die Glockenheide und den Hochmoorgelbling sowie für Amphibien, Libellen und für zahlreiche Vögel wie den Kiebitz, die Bekassine (bekannt auch als Himmelsziege) oder die Sumpfohreule bietet.
Sperren, Schwimminseln und neueste Technik
Damit dies so bleibt und weitere Moorflächen zurückgewonnen werden können, sollen – neben dem Bau neuer Sperren – bestehende Dämme mit so genannten Holzspundwänden abgedichtet und ausgebessert werden. „Außerdem pflanzen wir moortypische Setzlinge wie Schnabelried und Wollgras an, um die Renaturierung zu beschleunigen“, erläutert der Ranger Christian Starkloff, der das Projekt initiiert hat und selbst tatkräftig mithilft.
Für eine bessere Maßnahmenplanung kommen darüber hinaus Drohnen oder kleine Flugzeuge zum Einsatz, die das Oberflächenrelief der Landschaft mit Lasern abtasten. Aus den so gewonnenen Daten entsteht ein digitales Geländemodell, mit dem die Auswirkungen von neuen Sperren und Verwallungen vorausgesagt werden können. Außerdem soll erstmals mit Schwimminseln experimentiert werden, um die Verlandung voranzutreiben. Dafür werden auf mit Kokosmatten bespannten schwimmfähigen Birkenholzrahmen moortypische Pflanzen vorgezogen und dann auf größeren Wasserflächen ausgesetzt.
Botschafter für den Schutz der Moore
Über ein Geoinformationssystem erfolgen die Dokumentation und das fortlaufende Monitoring aller Maßnahmen, die auch an die Medien kommuniziert werden. „Unsere besten Botschafter bleiben aber die Freiwilligen selbst“, ist Lutz Rohland überzeugt. „Bildungsarbeit in nachhaltiger Entwicklung ist ein wesentlicher Bestandteil im Bergwaldprojekt. Wer hier einmal selbst im Matsch gestanden und Sperren gebaut hat, erlebt sich nicht nur als selbstwirksam im Kampf gegen den Klimawandel und im Einsatz für mehr natürliche Vielfalt, er versteht auch besser die Zusammenhänge und wechselseitige Abhängigkeiten in der Natur.“
Die Umweltstiftung Greenpeace bezahlt die Verpflegung und Unterbringung der jeweils 20 Freiwilligen während der insgesamt zehn Projektwochen in den Jahren 2022 bis 2027.