Scouts go Solar: Auf dem Pfad zur „Solarisierung“

Die Energie der Sonne ist umsonst, umweltfreundlich und fast überall verfügbar – und wird noch viel zu wenig genutzt. Wie lässt sich das ändern? Vor allem, indem man junge Menschen früh für Energiefragen sensibilisiert – und sie selbst ausprobieren lässt, wie leicht und praktisch sich Solarenergie nutzen lässt. Um das zu erreichen, startete die Schweizer NGO Solafrica 2014 das Projekt „Scouts go Solar", seit 2016 wird es von der Umweltstiftung Greenpeace unterstützt. Die Idee des Projekts: Die Netzwerke der Pfadfinder:innen weltweit zu nutzen, um junge Menschen an Solarenergie heranzuführen.

Neue Solar Scouts und deren Ausbilder:innen beim Solar-Training im schweizerischen Kandersteg 2022. Foto © Scouts go Solar, Solafrica

Ausbildung für die Praxis

Jedes Jahr lädt Solafrica Pfadfinder-Gruppenleitende aus allen Teilen der Welt zu einem zweiwöchigen Training zu Solarenergie ein. Dort lernen sie nicht nur viel über die ökologischen Aspekte verschiedener Energiequellen, sondern auch, wie die Energie der Sonne praktisch genutzt und angewandt werden kann.

Ausgestattet mit einem Handbuch und einem Kasten voll mit Material für Experimente kehren sie zurück in ihre Heimatländer und geben ihr Wissen als Solarbotschafter:innen weiter: In der Pfadfinderausbildung, bei Workshops und Aktionen sensibilisieren sie die Gemeinschaften vor Ort für Energiefragen und zeigen, mit welch einfachen Mitteln Solarenergie genutzt werden kann. So baut in Brasilien die Gruppe Escoteiro Ximbangue 21 aus Karton, Leim und Folie Solaröfen; in Kenia lädt Solarbotschafterin Rhodah Ndegwa auf Schulfesten zu Popcorn aus dem sonnenbetriebenen Parabolkocher ein. EC Villanueva aus den Philippinen, der 2021 seine Ausbildung zum Solarbotschafter abschloss, führte sein Abschlussprojekt in Kooperation mit einem Fischerdorf auf der abgelegenen Insel Silaki durch, das nicht ans Stromnetz angeschlossen ist: Zusammen mit Freiwilligen, von denen viele schon zuvor im Rahmen von „Scouts go Solar“ ausgebildet wurden, installierte er Solar-Straßenlampen im Dorf und versorgte 55 Haushalte mit Solarlampen. Diese ersetzen die teuren und gesundheitsschädlichen Kerosin-Lampen und ermöglichen es den Schüler:innen, die tagsüber häufig den Eltern beim Fischen helfen, auch abends noch zu lernen.

Kunst, Antrieb, Licht und Popcorn - alles mit der Energie der Sonne. Pfadis beim Solar-Workshop in Kandersteg. Foto © Scouts go Solar, Greenpeace

Kooperation mit 57 Millionen Pfadfinder:innen

Ein Riesenschub hat dem Projekt die Kooperation mit der Weltorganisation der Pfadfinderbewegung (WOSM) gegeben. Die Organisation hat die Workshops in ihr Umweltbildungsprogramm aufgenommen – und erreicht so 57 Millionen Mitglieder weltweit. In über 20 Ländern gibt es inzwischen ein eigenes Modul zu Solarenergie in der Pfadfinderausbildung. Pfadfinder:innen, Gruppenleitende oder ganze Gruppen können es wählen und selbst ein Solar-Projekt durchführen, um das entsprechende Pfadfinderabzeichen als Nachweis über die erworbenen Kenntnisse zu erhalten.

Solarbotschaften – online und vor Ort

Nach zwei Jahren, in denen aufgrund der Pandemie die Arbeit des Projektes überwiegend nur online stattfinden konnte, machten sich die Solarbotschafter:innen 2022 mit umso größerem Elan daran, die „Solarisierung“ in ihren Heimatländern voranzutreiben. „Ich war überrascht, wie viel Energie freigesetzt wurde“, sagt Martin Wanner, der zuständige Projektleiter bei Solafrica. „Mehrere engagierte Solarbotschafter:innen setzten gleich ganze Serien von Aktivitäten um. Dies zeigt eine schöne Eigendynamik, die sich über die Jahre entwickelt hat und in Zukunft hoffentlich weiter verstärkt werden kann.“

Aus der Corona-Zeit hat das Projekt dennoch Erfahrungen und neue Ideen mitgenommen. Nicht nur konnten die Trainings online weiter durchgeführt werden, auch wurde neue Infrastruktur für die weltweite Vernetzung aufgebaut. Seit 2022 gibt es eine neue Datenbank, in der Gruppenleitende und Interessierte jede Menge Solarexperimente finden; ihre Inhalte sollen künftig auch weltweit genutzt werden können.  Sie dient nicht nur als Sammlung für Materialien, sondern auch als Forum für den Austausch – denn die Experimente werden von den Gruppen selbst laufend weiterentwickelt.

Dezentralisierung der Ausbildung

Besonders aktiv sind die Solarbotschafter:innen in Afrika und Lateinamerika. Daran soll nun angeknüpft werden: Bisher kamen die künftigen Solarbotschafter:innen zur zweiwöchigen Ausbildung ins Pfadfinderzentrum Kandersteg in der Schweiz. Künftig sollen die Trainings regional stattfinden, jedes Jahr in einer anderen Weltregion. Im Jahr 2023 findet erstmals ein solches Training in Afrika - in Kenia - statt, ein weiteres dann auf dem amerikanischen Kontinent. Die Idee dahinter ist nicht nur, unnötige Flugemissionen zu vermeiden, sondern auch, dass dort langfristig regionale Strukturen entstehen können. „Es gibt eine starke Zusammenarbeit innerhalb der Regionen, die Gruppen sprechen häufig dieselbe Sprache, stehen vor ähnlichen Problemen“, sagt Wanner. Wenn es gelinge, hier Bündnisse oder Regionalbüros aufzubauen, könnten die bestehenden Kompetenzen ausgebaut und das Wissen noch einfacher weitergegeben werden.