Herausforderungen und Schattenseiten des grünen Wirtschaftens

Lego aus Zuckerrohr, Reifen aus Löwenzahn, Diesel aus Heu: Was heute mit Erdöl produziert wird, soll morgen aus Pflanzen entstehen. Nachwachsende Ressourcen ersetzen fossile Brennstoffe – das ist die Idee der Bioökonomie. Während die Bundesregierung bereits Strategien entwickelt, wie eine solche realisiert werden kann, ist der Begriff der breiten Öffentlichkeit bisher eher unbekannt. Dabei ist das Thema durchaus kontrovers. Eine von der Umweltstiftung geförderte Fotoausstellung von denkhausbremen e.V.  klärt über Bioökonomie auf und thematisiert die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen im Globalen Süden.

Verpackungen aus Pflanzen: Noch ist Bioplastik, also aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellter Kunststoff, eher ein Nischenprodukt. © Paula Leutner, denkhausbremen e.V.

In Anbetracht von Klimakrise und Artensterben braucht es ein wirtschaftliches Umdenken. Um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, muss der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen gestaltet werden. Erdöl, Erdgas und Steinkohle müssen auf kurz oder lang im Boden belassen und durch nachwachsende Ressourcen ersetzt werden. Die Bioökonomie beschreibt dabei eine Wirtschaftsweise, die sich an natürlichen Stoffkreisläufen und den ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten orientiert. Sie erstreckt sich über alle Wirtschaftssektoren, bei denen biologische Stoffe, wie Pflanzen, Mikroorganismen, Algen oder Pilze zur Produktion und für Dienstleistungen eingesetzt werden. Und sie bedient sich dafür innovativer, technologischer Verfahren.

Umwelt und Menschenrechte bedroht

Alles im grünen Bereich durch Bioökonomie, könnte man meinen. Doch ein reiner Austausch von fossilen Rohstoffen durch nachwachsende Ressourcen allein wird die Probleme nicht lösen können. Denn mit einer wachsenden Weltbevölkerung wird der Ressourcenverbrauch weiter steigen. Bislang ist völlig unklar, wie der zukünftig massiv steigende Bedarf an Biomasse gedeckt werden soll. Fossile Ressourcen lassen sich nicht 1:1 durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen – für die Biomasseproduktion braucht es zukünftig sehr viel mehr Landfläche, doch die ist weltweit begrenzt.

Schon heute lagern viele Staaten des Globalen Nordens ihre Biomasseproduktion nach Afrika, Südamerika und Asien aus und setzen auf Importe, um ihren hohen Lebensstandard auch weiterhin zu ermöglichen. Viel zu oft geht die Produktion von Biomasse im Globalen Süden mit Menschenrechtsverletzungen, der Missachtung von Landrechten der indigenen Bevölkerung und verheerenden Umweltzerstörungen einher. So zeigt die Ausstellung "Auf dem Holzweg" von denkhausbremen e.V. zum Beispiel eindrückliche Fotografien von riesigen Flächen, auf denen einst artenreiche Naturwälder standen und sich heute Ölpalm- oder Zuckerrohrplantagen für die Produktion von Biodiesel oder Bioplastik aneinanderreihen. Auch bewegende Porträts von Menschen, die im Zuge von Landraub ihr Haus und Hof verloren, sind Teil der Ausstellung.

Baumpflanzaktion als Zeichen des Widerstands auf Borneo: Zu oft geht die Produktion von Biomasse mit massiven Menschenrechtsverletzungen und der Missachtung von Landrechten der indigenen Bevölkerung einher, © Anak Tenda, Save Our Borneo

Waldökosysteme weltweit bedroht

Den roten Faden der Ausstellung bildet das Thema Wald. Holz gilt laut der Bioökonomie-Akteure als eine der wichtigsten Rohstoffquellen für eine biobasierte Zukunft. Doch die wirtschaftliche Nutzung der Wälder stößt an ihre Grenzen. Schon heute sind die globalen Waldökosysteme u.a. durch die hohe Nachfrage nach Holz als Brenn- und Baustoff oder für die Papier- und Möbelproduktion erschöpft. Gleichzeitig erfüllen diese Ökosysteme wichtige Funktionen als Wasser- und Kohlenstoffspeicher, Luftfilter und Lebensraum einer Vielzahl von Arten. Ihre Bedeutung im Kampf gegen den Klimawandel und für den Erhalt der Biodiversität unseres Planeten kann demnach nicht hoch genug eingeschätzt werden. Steigt im Zuge von Bioökonomie  nun zusätzlich auch die Nachfrage nach Holz weiter an, droht diesen wertvollen Ökosystemen der Kollaps.

Verladung von Holz in Papua-Neuguinea: Schon heute stehen die Urwälder des Globalen Südens aufgrund von Abholzung und Klimaerwärmung massiv unter Stress. Steigt die Nachfrage nach Holz nun zusätzlich an, droht diesen wertvollen Ökosystemen der Kollaps. © Paul Hilton, Greenpeace, Greenpeace

Auftakt für eine gesellschaftliche Debatte

Angesichts dieser Herausforderungen und negativen Folgen wird deutlich, dass grünes Wirtschaften im Sinne der Bioökonomie auch bedeuten muss, dass wir über die Zukunft unseres Konsums nachdenken. Der Ausstellung geht es deshalb nicht allein darum, die Risiken und Nebenwirkungen von Bioökonomie abzubilden. Sie will auch über die Chancen und Möglichkeiten aufklären. Nachdenken über Bioökonomie, das soll vor allem ein Nachdenken darüber sein, wie wir es als Gesellschaft schaffen können, den weltweiten Ressourcenverbrauch zu verringern und effizienter zu produzieren. Um beim Wald zu bleiben: Wie schaffen wir es, Holz vor allem für langlebige Produkte wie beim Haus- und Möbelbau einzusetzen und weniger als Brennstoff?

Bislang finden diese wichtigen Diskussionen vor allem in Fachkreisen statt. Die Frage, wie wir in Zukunft leben und wirtschaften wollen (und können), muss aber von uns allen als Gesellschaft beantwortet werden. Nur mit einer sozial-ökologischen Transformation, mit nachhaltigerem Konsum und effizienteren Produktionsverfahren wird eine biobasierte Zukunft möglich sein. Bioökonomie muss also als Anlass verstanden werden, eine weitreichende gesellschaftliche Debatte darüber zu entfachen. Die bemerkenswerte Fotoausstellung von denkhausbremen e.V. leistet dazu einen wichtigen Beitrag.

Der Anbau von Palmöl steht wegen seiner gravierenden Folgen für die Umwelt, aber auch wegen schlechter Arbeitsbedingungen auf den Plantagen zunehmend in der Kritik. © Kemal Jufri, Greenpeace

Infos zur Ausstellung

Am 08. Dezember 2021 wurde die Ausstellung „Auf dem Holzweg. Raubbau an Mensch und Natur für die Bioökonomie“ im Institut français in Bremen eröffnet. Bis einschließlich Mai 2022 wandert sie zu unterschiedlichen Orten im Bremer Stadtgebiet. Wo sich die Ausstellung gerade befindet, erfahren Sie auf der Website von denkhausbremen e.V.

Wer keine Möglichkeit hat, sich die Ausstellung vor Ort anzuschauen, wird im Frühjahr 2022 viele Informationen zum Thema auch in Form einer visuellen Erzählung auf der Website des denkhausbremen e.V. finden.